Virginia Woolf, Mrs Dalloway (1925)

In den Ostertagen hatte ich Zeit, mal wieder einen Klassiker in die Hand zu nehmen, und entschied mich für diesen kurzen Roman, der bald 100 Jahre alt wird. Mit der Technik des Bewusstseinsstroms beschreibt Virginia Woolf die Vorkommnisse, die Clarissa Dalloway in London an einem Junitag erlebt. Sie ist die Frau eines Abgeordneten, die eine Party für den Abend vorbereitet. 

Während Clarissa durch die Bond Street und andere wohlklingende Straßen der Londoner Innenstadt läuft, um Blumen und mehr für die abendliche Gesellschaft zu kaufen, gehen ihr viele Dinge durch den Kopf. Sie lässt ihr Leben Revue passieren und erinnert sich an viele Menschen, die ihr begegnet sind. Parallel dazu leidet Septimus Warren Smith in einem anderen Teil der Stadt unter einer kriegsbedingten posttraumatischen Belastungsstörung.

Insgesamt haben wir es mit 20 verschiedenen Perspektiven zu tun, aus denen der Tag gesehen wird und die sich zu einem Panorama Londons von vor 100 Jahren verdichten. Dabei blickt Woolf ins Innere ihrer Figuren und stellt bruchstückhaft völlig verschiedene Gedanken und Eindrücke nebeneinander. Die Erzählsplitter und die vielen unterschiedlichen Themen wie beispielsweise die Spanische Grippe machen das Buch interessant und lassen den Leser den Gang durch die Stadt fortsetzen. Es entsteht dabei das Bild einer Gesellschaft im Wandel, die vielen Erschütterungen ausgesetzt ist. 

Dieser experimentelle, noch heute sehr modern wirkende Roman hat das Romanschreiben im 20. Jahrhundert maßgeblich mit verändert und lohnt sich allein deshalb schon. 

(05.04.2024)

Mehr zur Technik des Bewusstseinsstroms bei Virginia Woolf hier: To the Lighthouse (06.08.2021)