Dörte Hansen, Mittagsstunde (2018)

Ein Archäologe der Universität Kiel pendelt zwischen zwei Welten, der seiner Wohngemeinschaft und der seines Heimatdorfs Brinkebüll. Er geht auf die 50 zu und denkt zunehmend über sein Leben nach:

 

Die Journalistin und Schriftstellerin Dörte Hansen ist vielen bekannt durch ihren satirischen Roman Altes Land von 2015. In diesem Erstlingswerk geht es darum, die Lächerlichkeit von Stadtmenschen zu zeigen, die sich mit einem verklärten Bild vom Landleben zum Narren machen.

Hier ist der Schwerpunkt anders, denn der Roman dreht sich um den Kontrast zwischen Stadt und Land, in dem der Protagonist Ingwer Feddersen gefangen ist. Er verbringt seit fast 30 Jahren die meiste Zeit in seiner WG, kümmert sich aber an den Wochenenden und vor allem in seinem Sabbatjahr, in dem der Roman spielt, mehr und mehr um seine alten Großeltern auf dem Land. Dort taucht er tief in die Geschichte seiner Familie ein und der Leser erfährt die Zusammenhänge im Dorf aus den letzten 60 Jahren.

Der Roman hat etwas wunderbar Meditatives in seiner ruhigen Betrachtung all dessen, was in diesem fiktiven Geestdorf passiert ist. Plattdeutsche Passagen und eindringliche Milieustudien machen dieses Buch sehr lesenswert und klingen lange nach. Besonders Lesern, die sich mit ihrer Familiengeschichte auseinandersetzen oder alte Familienmitglieder pflegen, lege ich diese Lektüre ans Herz.