Ich binde in mein Coachingangebot immer Leseempfehlungen ein und wende mich daher besonders an Menschen, die gerne lesen. An jedem ersten Freitag im Monat stelle ich in meinem Blog ein Buch vor. Das „Freitagsbuch“ kann ein Roman oder ein Fachbuch sein. Alle Bücher verbindet etwas: Sie drehen sich um Themen, die Menschen in Umbruchsituationen beschäftigen.
Bücher wirken inspirierend und die Leser nehmen etwas mit von den beschriebenen Verhaltensweisen, indem sie Ideen aufgreifen oder Fehler vermeiden. Da Literatur immer individuell wirkt, fühlt sich der Leser nicht von jedem Titel gleich stark angesprochen. Ich biete hier eine Auswahl meiner Lektüre an und hoffe, dass dadurch möglichst viele Leser ihre eigene Situation überdenken und in Ansätzen klären. Zudem wünsche ich den Lesern viel Vergnügen mit meiner Auswahl und immer wieder die beruhigende Erkenntnis, dass sie nicht allein dastehen mit ihren Problemen.
Ich folge meinem persönlichen Bewertungssystem:
- 6 Bücher = einfach wunderbar
- 5 Bücher = unbedingt lesenswert für eine bestimmte Lesergruppe
- 4 Bücher = interessant für eine bestimmte Lesergruppe
- 3 Bücher = nischig, nur für eine bestimmte Lesergruppe
- 2 Bücher = unterhaltsam, aber nicht mehr
- 1 Buch = lieber etwas anderes lesen
Caroline Wahl (2023), 22 Bahnen
Was für ein Debüt!
Was für eine packende Milieustudie, die eine 28-Jährige hier vorlegt! Die Geschichte einer alkoholkranken Mutter, die ihrer älteren Tochter Tilda schon sehr jung die Verantwortung für ihre kleine Schwester Ida überträgt, ist so trist wie menschlich und die Heldin so stark, dass der 200-Seiten-Roman zu einem riesigen Überraschungserfolg und schnell mehrfach ausgezeichnet wurde.
Zsuzsa Bánk, Der Schwimmer (2007)
Schwimmen in Ungarn
Schwimmen zieht auf dem Buchmarkt und das schon seit Jahren. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wann es anfing, dass Buchläden besonders im Sommer ihre Schaufenster gerne mit Romanen über das Schwimmen dekorierten. Es ist jedenfalls schon seit ein paar Jahren so und die in Frankfurt lebende und sehr hoch gehandelte Schriftstellerin Zsuzsa Bánk hat diesen Trend mit ihrem hocherfolgreichen Debütroman 2002 vorweggenommen. Dabei würde man beim Stichwort Ungarn wohl nicht unbedingt an Schwimmen denken.
Rutger Bregman, Im Grunde gut: Eine neue Geschichte der Menschheit (2020)
Besser als gedacht?
Auf dieses sehr umfangreiche Buch des niederländischen Historikers Rutger Bregman stieß ich, als ich mein vorletztes Freitagsbuch las (Mit Nachsicht von Sina Haghiri). Während Haghiri als Psychologe hauptsächlich die Kraft der Empathie untersucht, geht es bei Bregman um viel mehr, nämlich die Frage, ob der Mensch im Grunde gut ist. Bregman hat sechs Jahre lang zahllose Studien, Presseberichte, Abhandlungen und Veröffentlichungen aller Art durchgearbeitet, um schließlich dieses hochinteressante Werk zur menschlichen Natur vorzulegen.
Donnie Garmus, Eine Frage der Chemie/Lessons in Chemistry (2022)
Zu viel gewollt
Sina Haghiri, Mit Nachsicht: Wie Empathie uns selbst und vielleicht sogar die Welt verändern kann (2024)
Eine Frage der Haltung
Mittlerweile geht mir das weitverbreitete „Narrativ“ von der Spaltung der Gesellschaft so auf die Nerven, dass ich sofort zugegriffen habe, als ich von diesem Buch zu Nachsicht als möglicherweise verändernder Kraft hörte. Und siehe da: Hier wird unsere Gesellschaft mal einmal nicht als egoistisch, unversöhnlich und unkommunikativ beschrieben. Schon auf den ersten Seiten geht es um ein Experiment in einer U-Bahn, d.h. die Frage, ob über einen kurzen Zeitraum dort mehr rücksichtslose oder -volle Menschen zu zählen sind. Gespannt auf das Ergebnis?