Ich binde in mein Coachingangebot immer Leseempfehlungen ein und wende mich daher besonders an Menschen, die gerne lesen. Ich stelle in loser Folge an Freitagen in meinem Blog ein Buch vor. Das „Freitagsbuch“ kann ein Roman oder ein Fachbuch sein. Alle Bücher drehen sich um Themen, die Menschen in Umbruchsituationen beschäftigen.
Bücher wirken inspirierend und Leser können Ideen aufgreifen oder Fehler vermeiden. Da Literatur immer individuell wirkt, fühlt sich der einzelne Leser nicht von jedem Titel gleich stark angesprochen. Ich biete daher eine große Bandbreite an und folge dabei meinem persönlichen Bewertungssystem von "6 Bücher" für "einfach wunderbar" bis zu "1 Buch" für "lieber etwas anderes lesen".
Judith Hermann, Sommerhaus, später (1998)
Erzähl eine Geschichte
Heute wird in Großbritannien der "Erzähl-eine-Geschichte-Tag" gefeiert und ich nutze diesen kuriosen Feiertag als Chance, das schon recht alte Erstlingswerk der mittlerweile sehr bekannten Autorin Judith Hermann vorzustellen. Ein Praktikum führte Hermann während ihrer Journalistenausbildung nach New York. Ausgerechnet dort schrieb sie diese preisgekrönten Geschichten, von denen mehrere in ihrer Heimatstadt Berlin spielen.
Eckhart Nickel, Spitzweg (2022)
Vorsicht: doppelter Boden!
Auf dem Einband des Schul- und Kunstromans „Spitzweg“ von Eckhart Nickel ist der „Hagestolz“ von Carl Spitzweg zu sehen und erstaunlicherweise ist dieses bekannte Motiv aus dem Jahr 1880 mit poppigem Pink abgesetzt. Oder eigentlich auch nicht erstaunlich, denn Nickel ist schließlich ein Vertreter der Popliteratur. Alles wird hier zu Kunst, jede Szene wird detailverliebt und kleinteilig beschrieben und der Leser weiß lange nicht, wohin das Ganze führt.
Uwe Wittstock, Karl Marx beim Barbier: Leben und letzte Reise eines deutschen Revolutionärs (2018)
Ein neues Leben ohne Bart?
Dass hinter Frisurveränderungen von Frauen Umwälzungen in ihrem Leben zu vermuten sind, ist eine gängige Überzeugung. Dass die Abnahme eines Bartes von tieferer Bedeutung im Leben eines Mannes sein könnte, wird jedoch selten thematisiert, schon gar nicht im Zusammenhang mit Karl Marx, der automatisch immer mit einem gewaltigen Rauschebart assoziiert wird. Kein Wunder also, dass Uwe Wittstocks Titel mir auffiel und mich zu dieser wirklich fesselnden Lektüre führte.
Eva Weissweiler, Das Echo Deiner Frage: Dora und Walter Benjamin (2020)
Was hätte er bloß ohne seine begabte Frau gemacht?
Sehr oft schon war zu lesen von hochbegabten Frauen, die an der Seite ihrer prominenten Männer unerkannt blieben oder gar verkümmerten. Was Eva Weissweiler über das Paar Dora und Walter Benjamin nach umfangreicher Recherche und mit aufwendiger Einbettung in den historischen Kontext darstellt, geht jedoch weit über die gängigen Klischees hinaus. Hier haben wir es mit einer wirklich sehr bemerkenswerten Frau zu tun, die offenbar die Arbeit ihres Mannes allein schon deshalb erst möglich gemacht hat, weil sie sein Leben über weite Strecken durch ihre eigene journalistische Arbeit finanzierte.
Hervé le Tellier, Die Anomalie/L'Anomalie (2020)
Was ist schon normal?
Manch einer hat in den letzten Wochen im Flugzeug gesessen, aber garantiert niemandem ist das passiert, was Hervé le Tellier sich in seinem unglaublichen Roman Die Anomalie ausgedacht ist: Niemand ist verschwunden oder nein, nicht nur verschwunden, sondern hatte plötzlich einen Doppelgänger.