Saphia Azzeddine wurde in Marokko geboren und kam mit neun Jahren nach Frankreich, wo sie Soziologie studierte und 2008 ihren ersten Roman veröffentlichte. Ihr 2009 im französischen Original erschienener zweiter Roman fiel mir aufgrund seines Titels auf. Er wurde schon 2011 verfilmt.
Der 14jährige Paul lebt mit seiner Familie in einem typischen Pariser Vorort und muss nach der Schule seinem Vater helfen, Bibliotheken und Büros zu putzen. Dabei verharrt der Junge nicht in der gedanklichen Welt des Vaters, sondern entdeckt die Macht der Sprache. Denn beim Abstauben der Bücher liest er viel und erweitert so ständig seinen Wortschatz. Früh wird ihm klar, dass er nur durch Bildung die häusliche Tristesse wird hinter sich lassen können.
Dem Leser bietet sich ein Panorama, das in vielen französischen Filmen aus den Banlieues zu sehen ist. Und doch bietet Azzeddine mehr als unzählige umgangssprachliche Elemente und die üblichen Klischees. Denn es geht auch darum, wie der heranwachsende Junge trotz der sich vertiefenden Bildungskluft weiter an seinem Vater hängt. Paul macht dabei eine Wandlung durch, die viele Einwandererkinder kennen. Die Unfähigkeit seiner Eltern, sich sprachlich einzuleben, führt zu ihrer Isolation. Der Sohn traut sich nicht, seine Eltern zu korrigieren, und so wird der sprachliche Abstand zwischen den Generationen immer größer.
Einige originelle Elemente und viele humorvolle Einwürfe machen diesen Entwicklungsroman sehr lesenswert, finde ich. Die Autorin schreibt auch Drehbücher. Sicher lohnt es sich, ihren Weg zu verfolgen.
(02.05.2025)