Ich binde in mein Coachingangebot immer Leseempfehlungen ein und wende mich daher besonders an Menschen, die gerne lesen. An jedem ersten Freitag im Monat stelle ich in meinem Blog ein Buch vor. Das „Freitagsbuch“ kann ein Roman oder ein Fachbuch sein. Alle Bücher verbindet etwas: Sie drehen sich um Themen, die Menschen in Umbruchsituationen beschäftigen.
Bücher wirken inspirierend und die Leser nehmen etwas mit von den beschriebenen Verhaltensweisen, indem sie Ideen aufgreifen oder Fehler vermeiden. Da Literatur immer individuell wirkt, fühlt sich der Leser nicht von jedem Titel gleich stark angesprochen. Ich biete hier eine Auswahl meiner Lektüre an und hoffe, dass dadurch möglichst viele Leser ihre eigene Situation überdenken und in Ansätzen klären. Zudem wünsche ich den Lesern viel Vergnügen mit meiner Auswahl und immer wieder die beruhigende Erkenntnis, dass sie nicht allein dastehen mit ihren Problemen.
Ich folge meinem persönlichen Bewertungssystem:
- 6 Bücher = einfach wunderbar
- 5 Bücher = unbedingt lesenswert für eine bestimmte Lesergruppe
- 4 Bücher = interessant für eine bestimmte Lesergruppe
- 3 Bücher = nischig, nur für eine bestimmte Lesergruppe
- 2 Bücher = unterhaltsam, aber nicht mehr
- 1 Buch = lieber etwas anderes lesen
Astrid Göpfrich, Herr Fliegenbein und die Suche nach der Stille (2019)
Der weite Weg zu sich selbst
Gerade zur Jahreswende suchen viele Menschen nach Ruhe, hoffen auf die „stille Nacht“ und ein paar friedliche Tage. Da schien mir dieser Roman eine passende Lektüre, zumal mich der Name des Protagonisten sofort an sympathische Figuren aus Kinderbüchern erinnerte. Und tatsächlich ist der Gedanke an eine märchenhafte Geschichte für Erwachsene hier gar nicht so abwegig.
Stephan Schröder, 25 letzte Sommer (2024)
Wichtige Fragen in ganz leicht verdaulichen Häppchen
Über manche Bucherfolge kann ich mich nur wundern. Dieser Kurzroman eines ehemaligen Topmanagers gehört ganz bestimmt dazu. Innerhalb weniger Stunden wird hier einem rastlosen Geschäftsmann durch das Gespräch mit einem Kartoffelbauern klar, dass er sein Leben verändern muss, um ihm mehr Tiefe zu geben und seiner Familie wieder näher zu sein. Das Ganze spielt in einer herrlichen Gegend auf dem Lande an strahlenden Sommertagen,
Sally Rooney, Normale Menschen/Normal People (2018)
Und das soll normal sein?
Wer dieses Jahr auf der Frankfurter Buchmesse war, konnte sich darüber wundern, dass der Jugendsparte „Young Adult“ viel Raum gewidmet wurde für Bücher, in denen auf – sagen wir –leicht verständlichem Niveau Liebes- und Lebensgeschichten mit bunten Umschlägen geboten werden. Noch mehr wundern kann sich, wer einen der ebenfalls vor allem an junge Leute gerichteten Romane der hochgefragten irischen Autorin Sally Rooney liest. Ihre Bücher sind echte „Reißer“, die - ähnlich wie die Harry-Potter-Bände damals – von Fans heiß ersehnt und den Buchhändlern nahezu aus den Händen gerissen werden. Wer das im Hinterkopf hat, staunt nicht schlecht, wenn er eines ihrer Werke liest, denn offenbar hat sich die Definition von spannendem Lesestoff über die Jahre deutlich verändert.
Annie Ernaux, Die Jahre/ Les années (2008)
Eine Autobiografie neuen Stils
Sie ist eine der bekanntesten französischen Schriftstellerinnen überhaupt und erhielt 2022 den Nobelpreis für Literatur. Ihre Stimme hat Gewicht und sie ist nicht unumstritten. Es gibt also viele gute Gründe, sich mit ihrer Autobiografie, die bei ihrem Erscheinen im Jahr 2008 in Frankreich hohe Wellen schlug, zu beschäftigen.
Hans-Werner Sinn, Auf der Suche nach der Wahrheit: Autobiografie (2018)
Von einem, der Ahnung hat
Seit Jahren werden wirtschaftliche Zusammenhänge von Politkern aus meiner Sicht nicht überzeugend, stark vereinfachend und viel zu oberflächlich dargestellt. So werden beispielsweise gewaltige Schuldenpakete mit Comicsprache verharmlost (s. „Wumms“ und „Doppelwumms“). Mir drängt sich dabei häufig der Eindruck auf, als Bürger und Wähler nicht ernstgenommen zu werden. So begann ich auf der Suche nach Aufklärung die Lektüre dieses Buchs von einem, der wirklich Ahnung hat, und war schnell angetan von dem, was ich vom ehemaligen Chef des Münchner ifo Instituts für Wirtschaftsforschung Hans-Werner Sinn lernen konnte.