Nicole Krauss, Die Geschichte der Liebe/The History of Love (2006)

Es ist derzeit viel von alten Menschen zu lesen, die sich kaum trauen, das Haus zu verlassen, weil sie sich vor dem Coronavirus fürchten. Das ist ebenso nachvollziehbar wie traurig und ließ mich an die Figur des Polen Leo Gursky denken, der einsam in seiner Wohnung lebt und fast keine Außenkontakte hat. Die New Yorker Autorin Nicole Krauss hat diesen alleinstehenden polnischen Juden erfunden, der vor 60 Jahren ein Buch für die Frau seines Lebens geschrieben hat, das er verschollen glaubt. 

Der achtzigjährige, gebrechliche Leo irrt sich, denn das Buch überstand den Holocaust und gelangte über viele Umwege in die Hände der vierzehnjährigen Alma. Sie sucht Leo und holt ihn zurück ins Leben. 

Es ist nicht immer einfach, dieser Geschichte zu folgen, die wie ein Puzzle aus vielen Einzelteilen besteht. Sollte der Leser zeitweilig den Überblick verlieren, ist das gar nicht so tragisch, denn das eigentlich Bemerkenswerte sind der trotz allem hoffnungsvolle Ton und der starke Überlebenswillen der Protagonisten. 

Ganz anders als Eva Menasse, die den Roman vor Jahren als kitschig abtat, kann ich diesem Buch einiges abgewinnen und empfehle es allen, die sich mit dem Überleben schwerer Krisen und Neuanfängen beschäftigen. Die Lebenseinstellung der Hauptfiguren ist durchaus beeindruckend. Zudem gibt es einige überraschend humorvolle Aussprüche und Szenen in diesem Buch.

(04.12.2020)