Han Kang, Die Vegetarierin (2007)

In einer Zeit, in der sich alles um Politik dreht, habe ich mich bewusst entschieden, hier heute ein zwar gesellschaftlich durchaus relevantes, aber eher privates Buch vorzustellen. Mir fällt immer wieder auf, wie viele Menschen davon berichten, dass sie sich vegetarisch oder sogar vegan ernähren. Fast alle erzählen davon, dass diese Entscheidung viel in ihrem Leben verändert hat, aber nie sind diese Veränderungen so dramatisch wie bei Han Kang. Dieser Roman aus Südkorea ist erst 2015 auf Englisch erschienen, wurde danach schnell bekannt, mehrfach ausgezeichnet und international erfolgreich. 

Die als zunächst völlig unauffällig beschriebene Titelheldin wendet sich nach Albträumen, in denen es um Tierschlachtungen geht, ab vom Fleischverzehr und distanziert sich dadurch zunehmend von ihrer Familie und der Gesellschaft. Sie wird immer pflanzenähnlicher und verstört ihre Umgebung so sehr, dass sie schließlich in der Psychiatrie landet, wo sie ihr Leiden fortsetzt. 

Vieles befremdet den nicht-koreanischen Leser, doch die eigenartig trockene Sprache sowie die Dreiteilung des Buches, in der jeder Teil aus einer anderen Perspektive geschrieben ist, fesseln den Leser. Es gibt sicher viele Gründe, diesen ungewöhnlichen Roman zu lesen. Dass hier eine radikale Umstellung des Essverhaltens mit gesellschaftlicher Entfremdung einhergehen, ist sicherlich nicht der schlechteste. 

(11.03.2022)