Hans Rosling, Factfulness: Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist (2018)

Ein Jahreswechsel kann viel möglich machen, unter anderem eine neue Haltung. Gerade nach dem schwierigen Jahr 2022 nahm ich daher zwischen den Jahren eine Leseempfehlung auf zu einem Buch, das eine andere, differenziertere Perspektive als die übliche versprach, und erlebte ein blaues Wunder.

Der schwedische Arzt und Professor Rosling beschäftigte sich jahrzehntelang mit der Erforschung seltener Krankheiten in entlegenen afrikanischen Gebieten und gründete dann die Stiftung Gapminder zur Förderung einer faktenbasierten Weltsicht. Allgemein zugängliche Statistiken sollen dabei zur datenbasierten Betrachtung von Problemen und weg von Vorurteilen, Verallgemeinerungen, ungestützten Vermutungen etc. führen. Er reiste mit diesem Ansatz weltweit als „Edutainer“ zu Vorlesungen und Präsentationen. Für seine Aufklärungsarbeit und seinen Einsatz in der Ebola-Epidemie 2014 wurden sowohl ihm als auch seinem Sohn Ola und dessen Frau Anna, die Factfulness nach Rosnings Krebstod zu Ende schrieben, mehrere Preise verliehen.

Das eigentlich Besondere an diesem sehr verständlich geschriebenen Buch ist für mich, dass es zeigt, wie voreingenommen und wenig faktenbasiert unser Blick auf die Welt oft ist. Rosling startet mit einem sehr überraschenden Test mit 13 Fragen zur allgemeinen Lage der Welt. Es gibt jeweils mehrere mögliche Antworten zu vermuteten Entwicklungen in Bereichen wie Kindersterblichkeit und Lebenserwartung weltweit. Nicht nur ich habe im Test viel zu negativ geantwortet, sondern so ging es in seinen Vorträgen über Jahre nahezu allen Zuhörern, auch ranghohen internationalen Politikern, Wissenschaftlern, Journalisten etc. Wir nehmen offenbar viel mehr negative Nachrichten wahr als positive Veränderungen, die oft langsam vor sich gehen. Rosling beschreibt zehn Tendenzen, die häufig Verzerrungen auslösen, wie beispielsweise die isolierte Betrachtung sehr hoher oder niedriger Zahlen ohne Einbindung in einen Kontext. 

Wer diesen Augenöffner und weltweiten Bestseller noch nicht kennt, sollte ihn möglichst schnell lesen und auf dieser Grundlage die eigene dramatisierende Weltsicht korrigieren. Das wäre doch einmal ein wirklich lohnenswerter Vorsatz für das neue Jahr.

(6.1.2023)