Eckhart Nickel, Spitzweg (2022)

 

Auf dem Einband des Schul- und Kunstromans „Spitzweg“ von Eckhart Nickel ist der „Hagestolz“ von Carl Spitzweg zu sehen und erstaunlicherweise ist dieses bekannte Motiv aus dem Jahr 1880 mit poppigem Pink abgesetzt. Oder eigentlich auch nicht erstaunlich, denn Nickel ist schließlich ein Vertreter der Popliteratur. Alles wird hier zu Kunst, jede Szene wird detailverliebt und kleinteilig beschrieben und der Leser weiß lange nicht, wohin das Ganze führt.

Der Roman beginnt in einer Schulstunde, d.h. einer Kunststunde, in der die einzige kunstbegabte Schülerin, Kirsten, von der Lehrerin für ihr Porträt beleidigt wird. Kirsten läuft aus dem Raum und zwei Verehrer aus ihrer Klasse, der Erzähler und der rätselhafte Carl, nehmen sich ihrer an. Carl verbringt einen großen Teil seiner Zeit in seinem „Kunstversteck“, in dem er auch eine sehr gelungene, angeblich von Carls Mutter erstellte Kopie eben des oben erwähnten „Hagestolz“-Bildes lagert. Carl ist ein höchst ungewöhnlicher Schüler, der sich ausgiebig mit Kunst befasst und ständig seine Fähigkeit weiterentwickelt, durch genaue Betrachtung immer wieder Neues in der Kunst wahrzunehmen. Hier schmieden die beiden Schüler also einen Racheplan, um die aus ihrer Sicht ignorante Kunstlehrerin abzustrafen.  

Es ist ein rätselhaftes Buch zur Suche nach der eigenen Identität und Selbstvergewisserung junger Menschen, das vieles offen lässt, schwer einzuordnen ist und gerade daraus seinen Charme zieht. Der Leser erfährt beispielsweise nicht, in welcher Zeit der Roman spielt, wohl aber, dass die erwähnten romantischen Gemälde die handelnden Personen stark beeinflussen. Gegen Ende nimmt das eigenwillige und seltsam zeitlose Buch richtig Fahrt auf. Es steckt voller kauziger Elemente, überrascht bis zum Schluss und ist aus meiner Sicht ein vertracktes Lesevergnügen.

(13.10.2023)