Meike Winnemuth, Das große Los (2015)

Ich komme zurück auf Meike Winnemuth, von der ich schon vor einiger Zeit einen Titel besprochen habe (s. Bin im Garten) und stelle hier ihr bislang bekanntestes Buch vor. In dieser besonderen Zeit, in der wir alle nicht reisen können und sollen, können wir zumindest gedanklich auf Reisen gehen oder über Reisen lesen. Wenn wir ein Jahr Zeit hätten und 12 Städte besuchen könnten, wohin würde es dann gehen und in welcher Reihenfolge? Was würden wir uns von unserer Auswahl versprechen? Was würden wir einpacken und was zurücklassen? Die Gedanken sind frei.

Meike Winnemuth erzählt von ihrem Gewinn bei Günther Jauch. Dort errät sie sich 500 000 € und nimmt diesen Gewinn zum Anlass, um ein Jahr auszusteigen und 12 Städte je einen Monat lang zu bewohnen.

Sie macht sich flugs einen Plan, lässt vieles hinter sich und bricht auf. Sie ist mit leichtem Gepäck allein unterwegs und lebt immer einen Monat in einer der von ihr gewählten Städte. Die Städte ­- von Sydney im Januar bis Havanna im Dezember - sind völlig unterschiedlich und liegen sehr weit auseinander, so dass aus ihrem Reisejahr eine Weltreise wird. Nur an einer Station, in Kopenhagen, das sie in der Mitte des Jahres besucht, trifft sie sich mit ihren Eltern. Ansonsten ist sie auf sich gestellt und genau das macht das Jahr so wertvoll für sie und so interessant für den Leser.

Wie ist es, ein Jahr lang allein so vielen unterschiedlichen Eindrücken ausgeliefert zu sein? Meike Winnemuth schreibt ganz subjektiv über ihre Erlebnisse und es geht ihr nie um gängige touristische Themen oder Gebrauchsanweisungen zu den Städten. Sie erzählt ganz offen von sehr unterschiedlichen Gefühlen wie Glück in Buenos Aires und Wut in Mumbai bis zu Momenten großer Klarheit in Addis Abeba, wo sie erkennt, wie wichtig Flexibilität und Spontaneität sind. Sie beschreibt, wie sie sich jeweils für die 4 Wochen einrichtet, was sie erlebt, wem sie begegnet und welche Erinnerungen sie sammelt. Sie überprüft überall ihre alten Überzeugungen und lernt in jeder Stadt 10 Dinge, die sie am Ende der einzelnen Stationen auflistet.

Nach 12 Monaten kehrt sie mit einem großen Schatz an Erfahrungen und Erlebnissen zurück. So wie der Einstieg in das Jahr ist auch die Wiederkehr in den Alltag nicht einfach.

Dieses Buch empfehle ich jedem, weil man es aus ganz unterschiedlicher Perspektive lesen und genießen kann: als reiselustiger Mensch, als Abenteurer, wenn man mit dem Gedanken an eine Auszeit spielt, um die Frage zu ergründen, was man in einem Jahr wirklich braucht, oder um einmal ganz zu sich zu finden.

(03.04.2020)