Thomas Glavinic, Das bin doch ich (2007)

Als ich mit der Lektüre dieses Romans begann, war ich sehr gespannt, weil er an vielen Stellen als humorvoller Einblick in den Literaturbetrieb und sehr komisch gepriesen wird. Dass die Sache mit dem Humor sehr individuell ist, war mir grundsätzlich schon klar. Dass diese fast 250seitige Selbstbespiegelung witzig sein soll, wäre mir jedoch beim besten Willen nicht eingefallen. Andere sehen das völlig anders, wie ich bei der Sichtung der Rezensionen feststellen konnte. Halten wir also fest, dass es um das Schreiben eines Romans geht und viele dieses Werk sehr amüsant finden. 

Der Held ist ein ausgeprägter Hypochonder und Neurotiker, der sich in den Kopf gesetzt hat, einen Erfolgsroman zu schreiben und damit mindestens so bekannt zu werden wie sein Freund Daniel (Kehlmann). Über weite Strecken des Buches beschreibt er Trinkgelage und ihre Folgen, d.h. quälende Kopfschmerzen und kurze Nächte. Das ist zumindest aus meiner Sicht ohnehin nicht gerade der Stoff, aus dem die Träume sind, wirkt aber durch die ständigen Wiederholungen sehr ähnlicher Szenen schon nach kurzer Zeit ermüdend.

Das eigentliche Manko dieses Romans ist für mich jedoch, dass der - zugegebenermaßen selbstironische - Held keinerlei Entwicklung durchläuft, sondern ein klassischer flat character ist. Dass sich der Held zwischen Lesungen und Gesprächen mit Prominenten innerhalb des Literaturbetriebs bewegt, macht ihn für mich auch nicht interessanter, selbst wenn sich einige Kritiker voller Lob über Glavinic's "raffinierten, intelligenten und höchst komischen" Stil auslassen.  

Humor ist Geschmackssache, was sich hier noch einmal deutlich zeigt. Wer sich hingegen dafür interessiert, wie quälend das einsame Schreiben sein kann und wie stark Versagensängste werden können, der kann diesem Werk vielleicht etwas abgewinnen.

(02.12.2022)