Jürgen Elvert, Europa, das Meer und die Welt: Eine maritime Geschichte der Neuzeit (2018)

Bereist man den äußersten Südwesten Europas, das Cabo de São Vicente an der Algarve, kann man es sehen: Von hier brachen die portugiesischen Schiffe im 15. Jahrhundert auf, um die Meere zu erkunden und damit die europäische Expansion zu beginnen. Heinrich der Seefahrer war die zentrale Figur in dieser bahnbrechenden Erweiterung des europäischen Horizonts. Auch heute noch begegnen dem Reisenden an der Algarve überall Statuen und Gedenktafeln zum auf Portugiesisch vollständig "Infante Dom Henrique de Avis" genannten Initiator vieler Entdeckungsreisen, wie ich gerade in meinem Herbsturlaub feststellen konnte. Dass ausgerechnet der große Eroberer nur ein einziges Mal an Bord eines Schiffes unterwegs war, ist eine der vielen Kuriositäten, die man in der „maritimen Geschichte der Neuzeit“ lesen kann.

Der Kölner Geschichtsprofessor Jürgen Elvert weitet mit seinem umfassenden Werk den Blick des Lesers, der anfängt zu begreifen, welche zentrale Rolle die Meere gespielt haben, um die Grundlage für unsere heutige Welt zu schaffen. Von Europa brach man auf, um den Kontakt zu außereuropäischen Gebieten aufzubauen. Neben Entdeckern, Seefahrern und Kaufleuten spielten Sklavenhändler, Piraten, Forscher und Missionare eine Rolle, als sich durch die Seefahrten unendlich viele neue Möglichkeiten auftaten.

Elvert weist zudem darauf hin, dass Europa als maritimster aller Kontinente auch heute noch vom Meer abhängig ist, da immer noch 90 Prozent aller Welthandelsgüter über das Meer transportiert werden. Der europäische Wohlstand basiert demnach auf dem Meer, was alle europäischen Länder vereint und wir seit einiger Zeit immer wieder durch feststeckende Container zu spüren bekommen. 

Über allem schwebt der Zauber, der für die allermeisten Menschen vom Blick auf die Weite des Meeres ausgeht. Nicht zuletzt deshalb, weil dieses sehr gut lesbare Geschichtsbuch auch dafür ausdrücklich einen Sinn hat, ist Elvert aus meiner Sicht hiermit ein ganz großes Buch gelungen, das zudem mit vielen Zeichnungen, Bildern und Karten sehr hochwertig gestaltet ist.

(04.11.2022)