Arno Geiger, Es geht uns gut (2005)

Der Hochsommer ist für viele eine Zeit, in der sie sich mit Familienmitgliedern treffen, die sie sonst nicht sehen. Dann werden alte Geschichten erzählt und oft entwickeln sich nach einigen Tagen unerwartete Dynamiken. Arno Geigers Roman über 70 Jahre (Familien-)Geschichte im August und dann auch noch auf einer Reise in Österreich zu lesen, entpuppte sich daher für mich als eine gelungene Idee.  

Der Roman, der 2005 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde, spielt in heißen Hochsommertagen in Wien in einer alten, recht verkommenen Villa, die der lethargische Schriftsteller Philipp Erlach von seiner Großmutter geerbt hat. Was ist in dieser Villa nicht alles passiert! Während Philipp versucht, das Haus zu leeren, begegnet er vielen Versatzstücken seiner Familiengeschichte. Da er niemand ist, der Verantwortung übernimmt und ungern Entscheidungen trifft, lässt er lieber alles entsorgen, statt sich mit alten Dokumenten und Erbstücken zu befassen.

Geiger erzählt meisterhaft aus dem Leben von drei Generationen in Österreich. Er beschreibt dabei starke Persönlichkeiten ebenso packend wie eher konturlos wabernde Figuren. Immer wieder verknüpft er die Geschichte der Familie und die Wandlungen der Charaktere mit historischen Begebenheiten seit 1938. 

Ich empfehle diesen starken  und oft auch witzigen Roman aus Österreich jedem, der sich seiner eigenen Familiengeschichte stellen und sich auf eine Reise in die Vergangenheit seiner Vorfahren begeben will. Auch wer sich für Österreich und seine Geschichte interessiert, wird hier fündig.

(01.09.2022)