Ich binde in mein Coachingangebot immer Leseempfehlungen ein und wende mich daher besonders an Menschen, die gerne lesen. An jedem ersten Freitag im Monat stelle ich in meinem Blog ein Buch vor. Das „Freitagsbuch“ kann ein Roman oder ein Fachbuch sein. Alle Bücher verbindet etwas: Sie drehen sich um Themen, die Menschen in Umbruchsituationen beschäftigen.
Bücher wirken inspirierend und die Leser nehmen etwas mit von den beschriebenen Verhaltensweisen, indem sie Ideen aufgreifen oder Fehler vermeiden. Da Literatur immer individuell wirkt, fühlt sich der Leser nicht von jedem Titel gleich stark angesprochen. Ich biete hier eine Auswahl meiner Lektüre an und hoffe, dass dadurch möglichst viele Leser ihre eigene Situation überdenken und in Ansätzen klären. Zudem wünsche ich den Lesern viel Vergnügen mit meiner Auswahl und immer wieder die beruhigende Erkenntnis, dass sie nicht allein dastehen mit ihren Problemen.
Ich folge meinem persönlichen Bewertungssystem:
- 6 Bücher = einfach wunderbar
- 5 Bücher = unbedingt lesenswert für eine bestimmte Lesergruppe
- 4 Bücher = interessant für eine bestimmte Lesergruppe
- 3 Bücher = nischig, nur für eine bestimmte Lesergruppe
- 2 Bücher = unterhaltsam, aber nicht mehr
- 1 Buch = lieber etwas anderes lesen
Marion Poschmann, Die Kieferninseln (2017)
Ein Bartforscher in Japan
Die Longlist für den Deutschen Buchpreis 2020 liegt seit einigen Tagen vor. Da liegt es nahe, sich auch mit Nominierten vergangener Jahre zu beschäftigen. Das führte mich zu Marion Poschmann. Sie erhielt schon früh zahlreiche Preise und Stipendien und mit ihrem Roman „Die Kieferninseln“ landete sie 2017 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. 2019 erhielt sie für diesen Titel den Man Booker International Prize. In der Tat wird beim Lesen schnell klar, dass es sich hier um ein ungewöhnliches Werk handelt.
Der Privatdozent und Bartforscher Gilbert Silvester träumt eines Nachts, dass seine Frau ihn betrügt. Darauf fährt er Hals über Kopf zum Flughafen und bucht den frühesten Interkontinentalflug, der ihm angeboten wird. Kaum ist er in Tokyo gelandet, hindert er den jungen Japaner Yosa Tamagotchi daran, sich aus Prüfungsangst vor einen Zug zu werfen.
Siri Hustvedt, Der Sommer ohne Männer/The Summer Without Men (2011)
Nach einem Zusammenbruch findet eine New Yorkerin bei ihrer alten Mutter auf dem Land Themen wieder, die sie aus ihrer eigenen Biografie kennt
Nach der starken Hitze der letzten Wochen in Teilen Europas liegt ein Sommerroman nahe, der in einem ähnlichem Klima spielt. Es handelt sich um ein Buch der US-amerikanischen Schriftstellerin Siri Hustvedt. Sie ist sehr produktiv und in über dreißig Sprachen übersetzt worden. Dieses Buch ist einer ihrer bisher sechs Romane.
Es geht um die New Yorker Lyrikerin Mia, die plötzlich von ihrem Mann Boris verlassen wird, der nach 30 Ehejahren eine „Pause“ braucht.
Christine Nöstlinger, Die feuerrote Friederike (1970)
Friederike findet ihren Weg auf fantasievolle Weise
Obwohl auch die Buchbranche in diesem besonderen Jahr zu kämpfen hat, hat der Bereich der Kinder- und Jugendbücher im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr ein Umsatzwachstum von 3,6 Prozent erzielt. Grund genug, sich heute hier einmal einem Jugendbuch zuzuwenden. Ich verabschiede mich hiermit in meinen Sommerurlaub und melde mich Mitte August wieder, dann mit einem Sommerroman.
Die erst 2018 verstorbene österreichische Kinder- und Jugendautorin Christine Nöstlinger hat über 100 Bücher geschrieben und beispielsweise mit ihren „Geschichten vom Franz“ vielen Kindern – und Eltern – Vergnügen bereitet. In ihrem allerersten Kinderbuch ging es jedoch um ein wenig erheiterndes, aber ungebrochen aktuelles Thema – Mobbing.
Friederike hat keine Eltern und lebt mit ihrer Tante Annatante und der Katze Kater. Aufgrund seiner feuerroten Haare wird das dicke Mädchen immer wieder von Kindern gehänselt. Sein einziger Freund ist der farbenblinde Briefträger Bruno.
Helen Russell, Hygg Hygg Hurrah: Glücklich wie die Dänen/The Year of Living Danishly: Uncovering the Secrets oft he World’s Happiest Country (2015)
Was macht die Dänen zur glücklichsten Nation? Auf der Suche nach dem Glück
Die Ferienzeit beginnt. Dieses Jahr werden viele von uns im eigenen Land oder in Nachbarländer reisen. Daher wende ich mich mit meiner Buchempfehlung heute Dänemark zu und der Frage nach dem Glück.
Die britische Journalistin Helen Russell arbeitete für eine Frauenzeitschrift in London, bevor sie ihren Mann auf einen Auslandsaufenthalt ins ländliche Dänemark begleitete und dort begann, ihre Erlebnisse und Erkenntnisse in der Heimat der glücklichsten Menschen der Welt in diesem Buch zu beschreiben.
Helen ist 33 und auf einer Position in einem sehr bekannten Magazin, um die sie viele beneiden würden. Sie lebt kinderlos und vielbeschäftigt in London, als ihrem Mann ganz unerwartet eine Tätigkeit für ein Jahr bei Lego in Dänemark angeboten wird. Während ihr Mann sofort Feuer und Flamme ist, beginnt sie als gelernte Journalistin erst einmal, gründlich zu recherchieren. Sie stößt auf den „UN World Happiness Report“, nach dem die Dänen das glücklichste Volk der Welt sind, und das schon seit 40 Jahren. Daraufhin beschließt das Paar, nach Dänemark aufzubrechen.
Alan Bennett, Die souveräne Leserin/The Uncommon Reader (2007)
Lesen verändert - selbst die Queen
Wir werden derzeit mit vielen schlechten Nachrichten und großer Unsicherheit konfrontiert. Deshalb habe ich hier bewusst einen Titel ausgewählt, der heiter und erfreulich, dabei aber keineswegs platt ist. Viel Vergnügen auf diesem literarischen Ausflug nach London!
Alan Bennett hat viel für Radio und TV gearbeitet, seit den 90er Jahren aber auch Prosa geschrieben, darunter diesen kleinen Band.
Auf einem Spaziergang zeigen ihre Hunde der Queen den Weg zu einem Bücherbus, der wöchentlich ganz in der Nähe des Palastes hält. Sie ist überrascht und leiht sich einen Roman aus. Pflichtbewusst und diszipliniert liest sie das Buch durch und bringt es zurück. Sie leiht sich ein weiteres Buch aus und trifft dabei auf den Küchenjungen Norman, der sich regelmäßig dort Lektüre besorgt. Die Queen findet immer mehr Freude am Lesen, befördert Norman, mit dem sie ihr neues Hobby Lesen teilt, zu ihrem literarischen Assistenten und lässt sich von ihm Bücher empfehlen.